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Trauma

Was ist ein Trauma?

Um erklären zu können, was ist ein Trauma müssen wir anfangen, mit: was ist ein potenziell traumatisierendes Ereignis.
Unser Körper oder unsere Psyche hat ein fantastisches Notfallprogramm. oder Schutzprogramm.
Wenn wir auf gefährliche Situationen treffen, reagiert unser Körper.
Er reagiert mit Hormonausschüttung und Botenstoffausschüttung, die dann dafür sorgt, dass unser Blutkreislauf angeregt wird, dass unser Puls ansteigt, unsere Atmung flacher und schneller wird. Dass die Muskeln angespannt sind und dass die Verarbeitung im Gehirn auf Effizienz getrimmt wird.
Unser Körper ist erst einmal perfekt dafür vorbereitet, zu reagieren.
Treffen wir jetzt auf eine solche Gefahr, steigt die Anspannung im Körper so stark an, bis im Prinzip die Amygdala, also ein Teil des Gehirns, signalisiert Flucht, frier jetzt ein oder kämpfe.
Es gibt diese drei Möglichkeiten. Freeze, Fight oder Flight.
Die Entscheidung, was in dem Moment passiert, ist nicht keine bewusste Entscheidung, sondern entsteht im Unterbewusstsein oder als eine Impulshandlung.

Es gibt aber Situationen, die sind lebensbedrohlich und trotzdem greift keiner dieser drei Reaktionen.
Dann reagiert der Körper mit einem noch größeren Notfallprogramm.
Das heißt, diese drei Reaktionen werden im Prinzip in das Ich transportiert. es kommt eine unendliche Ohnmacht hinzu, weil derjenige, der sich in dieser Situation befindet, überhaupt keinen Ausweg kennt. Es zu weiteren Einwirkungen dieser schlimmen Situation und damit zu einer weiteren Ausschüttung all dieser Hormone und Bodenstoffe.
Damit kommt es dann zu einer Aufsplitterung des Erlebten, damit der Körper das überhaupt noch aushalten kann.
Das nennt man potenziell traumatisierendes Erleben oder Erlebnis.
Solche Erlebnisse, Haben sehr, sehr viele Menschen schon gehabt. Was kann ein solches Erlebnis sein? Ein Autounfall zum Beispiel ist so ein Erlebnis. Es kann auch ein aggressiver Hund sein, der auf einen zustürmt oder… Ein Meerschweinchen, das gestorben ist. Also es muss jetzt nicht für den Außenstehenden die dramatischste Situation sein, sondern für denjenigen, der in dieser Situation ist. Es ist ein individuelles Erleben.

Ein großer Teil der Betroffenen hat danach Herzrasen, fühlt sich ein bisschen müde, atmet tief durch und damit ist die Situation erledigt.
Die Überschüttung mit den Hormonen und Botenstoffen ebbt ab und damit ist die Situation auch aus dem Körper, ungefähr bei einem Drittel der Menschen.
Ein weiterer Teil hat Belastungssymptome danach. Das heißt, hat Albträume. Wenn es jetzt ein Unfall ist, fährt er an der Stelle wieder vorbei und kriegt Panikanzeichen wie feuchte Hände, Herzrasen.
Oder ist danach so erschöpft und möchte darüber erstmal überhaupt nicht reden, dass er dem komplett aus dem Wege geht.
Aber mit der Zeit ebben diese Symptome ab und für den ist das Problem auch erledigt.
Auch diese Gruppe ist ungefähr ein Drittel der Menschen.
Und dann gibt es noch die dritte Variante.

Die dritte Variante ist, dass die Symptome nicht abhebben,
sondern anhalten bleiben, Angstzustände entwickeln sich, weitere Vermeidungsstrategien entwickeln sich, um überhaupt nicht mehr an dieses Gefühl denken zu müssen.
Man nennt das auch so die Angst vor der Angst. Oder auch posttraumatische Belastungsstörung, wenn diese Symptome über ein halbes Jahr hinweg anhalten.
Und in dem Moment würden wir von einem Trauma sprechen.
Also aus dem potenziell traumatisierenden Erlebnis ist eine Traumatisierung geworden.

Der Mensch kann das Erlebte nicht verarbeiten.
Und das gibt es in großen Varianzen. Es gibt Menschen, die das Erlebte sehr gut einkapseln und verdrängen können, dann scheinbar funktionieren, über langen Zeitraum. Oder generell scheinbar funktionieren und dann in bestimmten Situationen darauf reagieren.
Oder es gibt Menschen, die das, Erlebte erst mal gut hinkriegen.
Dann kommt eine zusätzliche Belastung oben drauf, irgendwas sehr Belastendes. Dann taucht das, von dem man gedacht hat, dass es vorbei ist, wieder auf.
Und es gibt die Menschen, die direkt, also auch nach einem halben Jahr, weiterhin Belastungsanzeichen zeigen, wie Wiedererleben in jeglichen Varianten.
Das heißt Albträume oder sich plötzlich daran erinnert fühlen oder dass die Gedanken sich immer um dieses eine Thema kreisen.
Zum Beispiel Kinder, die immer wieder in allen möglichen Varianten diese belastende Situation nachspielen und gar kein anderes Thema haben?
Oder Erwachsene, die da immer wieder von berichten. Immer wieder erzählen. Immer wieder von dem schrecklichen Erlebnis erzählen.

Und das dritte große Anzeichen sind Vermeidungsstrategien?
Wobei es dabei nicht unbedingt nur um Vermeidung konkreter Situationen handelt.
Es gibt diese drei Symptomklassen, Wiedererleben, Vermeidung.
Hypervigilanz oder auch Übererregung.

Es ist ein Unterschied, ob es, durch eine Naturkatastrophe oder einen Unfall oder ähnliches passiert,o der ob es ein Mensch ist, der das auslöst, zu dem ich eine Beziehung habe.
Dieses nennt man Man-Made-Desaster.
Weil dieses Erlebnis durch einen Menschen, zu dem ich Beziehung habe, bedeutet, dass automatisch auch mein Beziehungsgeflecht betroffen ist von meinem traumatischen Erleben.
Ein solches Ereignis, das einmalig vorkommt und den Betroffenen massiv belastet, nennt man Traumatyp 1 oder Monotrauma.
Also eine belastende Situation, die zu Problemen in der Verarbeitung geführt hat.

Trauma Typ II

Was ist Trauma Typ II
Ausgehend von der Definitionen zu Trauma, ist die prinzipielle Verbindung zwischen Trauma Typ I und Typ II, dass bei beiden Typen die Symptome.“Wiederleben, Übererregung und Vermeidung“ auftreten.
Charakteristisch für Trauma Typ II ist, dass die potenziell traumatisierenden Erlebnisse über einen längeren Zeitraum anhalten und sich chronifizieren.
Man findet nicht das eine Trauma, diese eine schreckliche Geschichte, sondern eine Lebenssituation, die an sich traumatisierend ist.
Was noch hinzukommt, gerade für Kinder und Jugendliche, ist, dass die traumatischen Erlebnisse durch Bindungspersonen herbeigeführt werden, also durch Eltern oder anderen Bezugspersonen.
Das ist deswegen so besonders zu betonen, weil ein Teil dessen, was wir unter Resilienz verstehen, also wie gut kommt ein Mensch mit einem traumatischen Erlebnis zurecht, entsteht aus der Betreuung des Betroffenen durch seine Umgebung. Wie reagiert die Umgebung auf das schreckliche Ereignis,
Beim Trauma Typ II ist die Umgebung entweder Teil dessen, was traumatisierend ist oder die Umgebung ist in so hohem Maße selbstbelastet ist, dass eine Betreuung oder Schutz nicht gewährleistet werden kann.
Also beispielsweise Menschen, die im Krieg oder auf einer Flucht leben. Oder Kinder, die Gewalt wiederholt und anhaltend im häuslichen Kontext Gewalt ausgesetzt sind.

Es geht nicht nur um körperliche Gewalt, sondern es geht genauso, um emotionale Gewalt oder um massive Vernachlässigung oder um sexuelle Gewalt.
Es handelt sich fast nie um eine, bzw. dieselbe Form der Gewalt.
In allen Gewaltformen spielt die emotionale Gewalt eine erhebliche Rolle, um traumatisch belastende Situationen für das Kind herzustellen.
Es ist wichtig, dass wir es mit Tätern zu tun haben, die sich ihrer Taten bewusst sind. Das heißt, es finden Täterstrategien statt, wie…
„Du hast das verdient, dass ich so mit dir umgehen musste“
„Das was passiert ist, hast du verdient.“
„Du darfst es nicht weiter sagen, weil sonst passiert… „
„Sonst lieben dich die anderen nicht mehr.“
„Erwachsene haben nun mal mehr Rechte …“
„Wenn ich denen sage, was du für ein schlimmes Kind bist, dann wird dir sowieso keiner mehr glauben.“
Also Erpressungen und Unterdrucksätzen in mannigfaltigen Arten und Weisen

Die Symptome nach außen sind zwar die gleichen wie beim Traumatyp I, aber die Auswirkungen für das Kind sind weitaus dramatischer.
Trauma Typ II ist keine Traumageschichte. Es ist eher wie ein Traumaknäuel mit vielen extrem unterschiedlichen Geschichten. Und häufig ist das, was die Außenwelt als besonders belastend wahrnimmt oder wahrnehmen möchte nicht das, was für den Betroffenen am schwerwiegendsten ist.
Gerade bei familiärer Gewalt ist es wichtig, dass das Kind oder der Jugendliche der dieser Situation ausgesetzt ist, von Personen misshandelt wird, die das tägliche Leben für das Kind bestimmen, weitreichende Entscheidungen fällen und dass die Betroffenen diesen meist schutzlos ausgeliefert sind. Dieses Leben ist für die Betroffenen oft Normalität, da Vergleichsmöglichkeiten fehlen.
Wenn wir jetzt von Folgen oder von einer Chronifizierung sprechen, hält die Situation ja oft bis ins Jugendalter an, bis die Jugendlichen in der Lage sind, sich Hilfe zu suchen.
Also über viele, viele Jahre sind die Kinder Szenarien ausgesetzt und können sich daraus nicht befreien.
Kinder versuchen manchmal sich an Erwachsene zu wenden, aber viele Erwachsene schenken ihnen keinen Glauben. Sie benötigen zwischen sieben und neun Versuche, damit ein Erwachsener ihnen zuhört und sich ihrem Problem annimmt.

Trauma Typ III

Trauma Typ III beschreibt Traumatisierungen, bei denen die potentiell traumatisierenden Erlebnisse, mit dem Internet zusammenhängen, bei denen Täter gezielt das Internet nutzen, um sich sexuellen Zugang zu Kindern und Jugendlichen zu verschaffen und das entstandene Material dort weiter zu verbreiten.er zu verbreiten.
Es geht auch darum, Kinder und Jugendliche anzuwerben, selber übergriffig zu werden oder sexuelle Handlungenan sich oder anderen vorzunehmen.
Es geht es vor allen Dingen um organisierte Formen der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche.
Zu nennen sind Cyber-Grooming und alle weiteren Formen, Zugriff auf Kinder und Jugendliche zu erhalten.
Auch dem Trauma Typ III liegt eine Traumadiagnose zugrunde.

Traumapädagogische Timeline

 

Fremduntergebrachte Kinder werden aus ihren Familien und ihrer persönlichen Umgebung in ein neues soziales Umfeld verbracht. Häufig bei Arztbesuchen oder zu Beginn einer Therapie stellen pädagogische Mitarbeiter fest, wie viele Informationen, die Eltern zu diesen Besuchen beisteuern, ihnen fehlen.
Das Wissen um eine zeitliche oder personelle Einordnung von Begebenheiten ist einer der möglichen Schlüssel zum Verstehen von kindlicher Entwicklung, Symptomen oder Übertragungs- und Gegenübertragungsmustern, Handlungsmustern, Glaubenssätzen u.v.m.

Um zu versuchen, ein Kind und seine Verhaltensweisen zu verstehen, brauchen wir auch einen Blick in die Vergangenheit.
Ein hervorragendes Hilfsmittel erscheint uns hier die biographische Timeline. Zum einen,um einen schnellen Überblick über das bisherige Leben eines Kindes zu erhalten, aber auch als bildliche Darstellung der Informationen, die bei Aufnahme des Kindes und im späteren Zusammenleben mit dem Kind hinzu kommen.

Wir gestalten diese Timeline in etwa folgendermaßen:

Der obere Bereich wird genutzt für Entwicklungsfortschritte oder Ereignisse, deren stattfinden einen direkten Bezug auf die kindliche Entwicklung haben. Der untere Bereich für einschneidende Ereignisse it potentiell traumatisierendem Effekt.

Es ist sehr wichtig, diese Timeline nicht als einmalige aus den Akten erworbene Informationsquelle zu nutzen, sondern sie ständig zu erweitern und zu ergänzen. Wenn ein Kind oder Jugendlicher neue Informationen über sein vergangenés Leben weitergibt, so sollte man als Pädagoge versuchen, diese zeitlich in den Zeitstrahl zu integrieren. (Wir machen dies häufig über PostIts, da es beim ersten Auftreten einer neuen Information zuerst schwerfällt, diese zeitlich adäquat zu positionieren. Aber unserer Erfahrung nach solche Erinnerungen an die Vergangenheit nicht nur kurz einmalig auftauchen, sondern innerhalb kurzer Zeit konkreter werden und dann recht akkurat eingeordnet werden können.)
Auch neue wichtige Ereignisse sollten auf dem Zeitstrahl weiterhin notiert werden, denn die so – graphisch – gewonnene Information ermöglicht sehr gut, schnell einen Überblick zu erreichen, natürlich auch für externe oder neue Mitarbeiter.

Für uns findet bei der Erstellung der Timeline keine Wertung über die Informationsquelle statt. Informationen aus Berichten des Jugendamtes oder eines Psychologen werden gleichrangig mit Informationen aus der Herkunftsfamilie oder Erinnerungen der Kinder verwendet. Konflikte mit bereits vorhandenen Einträgen stellten sich meist als Konflikte in der zeitlichen Einordnung heraus.

Auch die Verknüpfung mit einem Genogramm kann sehr hilfreichsein, die Information des Zeitstrahls zu erweitern, insbesondere bei häufig wechselnden Bezugsbartnern der Kinder innerhalb der Zeit in der Herkunftsfamilie.

Trigger

Was ist ein Trigger?

Das Wort ‘Trigger’ bedeutet ‘Auslöser für bestimmte Empfindungen’.
Im Kontext von Trauma meint es etwas anderes, als wenn es allgemein-umgangssprachlich verwendet wird.

Ein ‘traumatischer’ Trigger ist auch ein Auslöser. Er löst aber nicht unbedingt eine Erinnerung an das Erlebnis aus,
sondern versetzt den Körper in erster Linie in Alarmzustand. Das heißt, die Hormone der Panik, der Ohnmacht, alles das, was in einer Traumasituation ausgelöst wird, wird durch den Trigger hervorgerufen.

Es geht nicht vorwiegend um die Erinnerung an ein Bild oder ein Geräusch oder ähnliches, sondern es geht um die hormonelle Veränderung des Körper, in unterschiedlichen Abstufungen. Von einem Trigger kann so etwas wie leichte Panik, feuchte Hände, Herzrasen kommen, leichte Angst- und Panik-Symptome, bis hin zum Gefühl einer echten Lebensbedrohung, völligen Ohnmachtsgefühlen.
Anders als es durch Filme und Bücher und Hörspiele vermittelt wird, geht es nicht immer darum, sich an etwas erinnert zu fühlen, auch wenn Erinnerungen oder Flashbacks vorkommen können.

Was kann triggern?
Triggern kann jeder Reiz, olfaktorisch zum Beispiel, also Gerüche, aber auch Geräusche, Emotionen, sogar der eigene Puls. Das kann ein bestimmter Blick von Menschen sein, ein bestimmter Ton, ein bestimmtes Lachen, ein bestimmter Timbre in der Stimme, der Sprachrhythmus oder die Betonung bestimmter Satzteile. 
Es kann eine Berührung sein oder auch die Haltung des Gegenüber. Eigentlich kann alles ein Trigger sein.

Das macht die Triggerbestimmung so schwierig. Man bekommt im Prinzip immer nur die Reaktion auf den Trigger mit, nicht, was der Auslöser war.

Gibt es allgemeingültige Trigger? Wahrnehmungen, die alle Traumatisierten triggern?

Im Prinzip eigentlich nicht, denn wie beschrieben sind es individuelle Wahrnehmungen. Das Einzige, was man als allgemeingültigen Trigger bezeichnen könnte, wären starke Ohnmachtsgefühle. Und zwar Ohnmacht in verschiedenen Arten und Weisen der Wahrnehmung. Beispielsweise können auch die detaillierte Beschreibung einer Gewaltsituation, die Beschreibung einer Ohnmachtssituation, also eines Gefangenseins in Situationen triggern.

Trigger haben immer etwas mit der traumatischen Situation zu tun. Manchmal sind es indirekte Verknüpfungen mit der traumatischen Situation. Beispiel:
 Immer wenn jemand einen roten Pulli anhat, hat das Kind eine Triggerreaktion. Also ist die Reaktion des betroffenen Kindes am ehesten als Mustererkennung Kindes zu erklären: roter Pulli gleich Gefahr.

Trigger ist kein starres Konstrukt, das sind nicht zehn Sachen, die triggern, und wenn diese zehn Sachen aus dem Leben verbannt sind, ist es nicht mehr da. Trigger verändern sich, sind abhängig von der aktuellen Stressbelastung und von der Situation des Kindes. Auch die Erinnerung an eine traumatische Situation verändert sich.

Vielleicht ist es sinnvoll, den Streit um die umgangssprachliche Nutzung des Wortes Trigger nicht weiter zu führen, sondern zu sagen: Es gibt Trigger und es gibt traumatische Trigger oder Traumatrigger oder wie auch immer man es nennen will. Der Begriff Trigger ist fester Teil der Umgangssprache.

Wir sollten nur immer wissen: Wenn jemand sich getriggert fühlt, muss das überhaupt nichts mit Trauma zu tun haben. Und nur weil sich jemand getriggert fühlt, ist er nicht zwangsläufig traumatisiert.
Ist jemand jedoch traumatisiert, dann reagiert er leider auf Trigger.