Dissoziation (verschiedene Formen)
Klassifizierung nach ICD 10.
Um die wirklich vielen Formen der Dissoziation aufzuzeigen hier ein Blick in die verschiedenen Formen, die im ICD 10 aufgeschlüsselt werden
Was ist ein Dissoziativer Stupor. (ICD 10 F44.2)
Beim dissoziativen Stupor geht es eigentlich darum, dass der Mensch extrem einfriert und auf äußere Signale nicht mehr reagiert.
Also beispielsweise auf Veränderung des Lichteinfalls, auf Berührungen oder sogar Kneifen. Es existiert sehr wenig, bis keine Reaktion, auch wenn man versucht diese durch Ansprache oder Berührung sie zu provozieren.
Die dissoziative Bewegungsstörung (ICD 10 F44.4)
Diese geht bis hin zur Bewegungunsfähigkeit. Es eigentlich darum, dass der Bewegungsapparat insgesamt nicht mehr voll einsatzfähig ist.
Auch Unfähigkeiten zu sprechen sind hier mit eingeschlossen. Unser Beispiel dazu ist hier, das Kind, das nach und nach einfriert. Die Bewegungen werden immer langsamer, bis hin zur Bewegungslosigkeit. Dieses wirkt sich auch auf die Sprache aus, sie wird immer rudimentärer von Zweiwortsätze bis hin zu gar nicht mehr sprechen, nicht mehr reagieren können.
Die dissoziativen Sensibilitäts- oder Empfindungsstörungen. (ICD 10 F44.6)
Kinder, die keine oder kaum Empfindungen für Kältereize, Wärmereize haben, aber auch Empfindungen wie Angst oder Furcht sind betroffen. Es gibt Kinder, die sich dann verbrühen, ohne eine reaktion zu zeigen.
Die Kinder können auch Einschränkungen im Bereich Gefahreneinschätzungen zeigen. Sie zeigen dann keine Ängste im Bereich Höhenangst oder im Strassenverkehr.
Dissoziativen Krampfanfälle (ICD 10 F44.5)
Dissoziative Krampfanfälle werden durch Stressoren ausgelöst und treten unter Stresssituationen häufiger auf
Es gibt alle Formen von Krampfanfällen, also ob jetzt neglect Krämpfe, oder tonisch klonische Anfälle, bei denen es zu Krämpfen im gesamten Körper mit oft folgender Bewusstlosigkeit führt oder auch Ascencen.
Es gibt unterschiedliche Aussagen, ob diese Krämpfe im EEG zu sehen sind.
Aber klar muss man sagen, dass auch unter Medizinern die Unterscheidung zwischen dissoziativem Krampfanfall und Epilepsie als ein Problem angesehen wird.
Der Unterschied liegt darin zu erkennen, dass eine Epilepsie nicht von Stressoren abhängig ist. Dieser Bereich ist für die Kinder- und Jugendhilfe sehr wichtig, denn aus Unkenntnis dieser Dissoziationsform werden Beobachtungen in diesem Bereich häufig unter Epilepsie eingeordnet.
Die dissoziative Fugue (ICD F44.1)
Als Fugue bezeichnet man im Endeffekt eine Flucht. Der/Die Betroffene macht sich einfach auf den Weg und weiß aber eigentlich gar nicht mehr, wie er/sie da hingekommen, wo er/sie gerade ist.
In der Kinder- und Jugendhilfe trifft man solche Fälle auch bei Müttern an, die eine dissoziative Fugue haben. Sie verlassen ihre Kinder von jetzt auf gleich und dann wachen irgendwo auf und wissen gar nicht mehr, wie sie da hingekommen sind und haben teilweise auch den Zusammenhang zu ihren Kindern nicht mehr.
Und dann plötzlich nach einem Jahr tauchen sie wieder auf, weil sie aus diesem Ereignis wieder aufgewacht sind.
Ähnliche Fälle sind auch in vielen Abstufungen bei Kindern zu beobachten.
Die dissoziative Amnesie. (ICD 10 F44.0)
Die dissoziative Amnesie an sich ist ja das Vergessen, den Zusammenhang nicht mehr herstellen können.
Also es fehlen ganze Teile der Erinnerung. Eine Dissoziative Amnesie ist abzugrenzen von Vergesslichkeit oder „Schusseligkeit“ wegen Überanstrengung. Es fehlen Teile der aktuellen Erinnerung. Auch das nicht Erinnern die Zeit in der die traumatischen Ereignisse stattgefunden haben ist Teil der dissoziativen Amnesie.
Trance und Besessenheitszustände (ICD 10 F 44.3)
Aus unserer Sicht eine schlechte Benennung. Die Diagnostiken beschreiben aber ja im Endeffekt den Zustand des Betroffenen.
Beispiel: Ein Jugendlicher, der durch etwas angetriggert wird und nur noch um sich schlägt, dem leider häufig Absicht unterstellt wird, beschreibt das Erlebnis wie in einem Blutrausch. „Ich sehe dann alles rot. Spüre und fühle nichts mehr, sondern fühle mich wie ein Roboter.“ Ein klassisches Beispiel.
Pseudodebilität (ICD 10 F44.80)
Auch wenn wir d den Zusammenhang von Pseudobibilität und Trauma anders sehen, das nicht Antworten auf Fragen, das Fehlen von adäquaten Antworten ist auf jeden Fall ein Anzeichen von Dissoziation.
Dissoziative Identitätsstörung (ICD 10 F 44.81)
Ist ein zukünftiges, eigenes Kapitel.
Allgemein:
Oft wird Dissoziation mit einem Wegträumen gleichgesetzt. Der Jugendliche sitzt am Fenster und starrt aus dem Fenster ohne Reaktion ist nur eine Form der Dissoziation.
Es gibt viele verschiedene Dissoziative Formen, allen gemein ist eine Desorientierung und eine Desrealisierung.
Auch Mediziner können eine Dissoziation nicht erkennen ohne eingehend mit den Patienten zu reden. Und hier es geht ganz viel darum, wie empfinde ich das, was passiert? Werde ich gehandelt? Habe ich danach eine Erinnerung an das, was passiert ist? Wie nehme ich es wahr?
Deswegen ist es wichtig, dass wenn wir als Pädagogen Hinweise darauf haben, wenn ein Kind nach einem scheinbaren, ausagierenden Wutanfall erzählt, „ich habe das Gefühl, das war ich gar nicht.“ Oder sogar abschreitet, dass es das gewesen ist. Oder sich in irgendeiner Art und Weise in Richtung Dissoziation ausdrückt.
Es ist wichtig, dass wir das wahrnehmen und auch weitergeben.
Oft sind wir so in unseren pädagogischen Diagnosen verhaftet. Der agiert sich mal wieder aus, der hat eine Impulskontrollstörung.
Das kann sein, dass es das ist, aber das kann genauso gut auch sein, dass es Verhalten im Zuge von Trauma und dissoziativen Prozessen ist.
Nicht nur, dass wir in unserer Diagnose gefangen sind, sondern auch, dass wir unsere Beobachtung wertschätzen müssen.
Wenn ein Kind, welches Vertrauen zu uns gefasst hat, uns erzählt, das fühlt sich so und so an, ist es eine wichtige Information, die weitergegeben werden muss.
Nichtsdestotrotz müssen wir auch immer davon ausgehen, dass es andere Ursachen geben kann und dass die auch parallel gegengecheckt werden müssen.
Wichtig gerade in der Jugendhilfe, wenn ich Dinge beobachte, wie die, die hier beschrieben sind, muss die Überlegung auch Richtung Trauma gehen und nicht nur in Richtung Epilepsie. Epilepsie.
Sie muss auch in Richtung Pseudodebilität aus dissoziativen Gründen gehen und nicht nur auf Intelligenzminderung.
Wir müssen auch dieses im Blick haben und gilt auch für viele andere Bereiche, wie zum Beispiel Hyperarousel.
Wenn wir ein Kind unterstützen wollen, bedarf es auch die Anerkennung von pädagogischen Blickwinkeln.
Und wir als Pädagogen haben eine wichtige Meinung dazu, weil wir sind jeden Tag mit den Kindern zusammen und es darf nicht nur von außen vorgegeben werden, wie wir mit den Kindern zu arbeiten haben und was wir zu denken haben.