Dissoziation

Was bedeutet dissoziieren oder eine Dissoziation? Dies ist der erste Text in einer Reihe zu diesem Thema, denn Dissoziation ist ein weiter Bereich.

Was ist eine Dissoziation?
Dissoziation ist vor allem die Loslösung von Wahrnehmung oder Empfindung des Körpers.
Also eine Trennung zwischen dem Bewusstsein und dem Körper. Es handelt sich hierbei um ein Kontinuum, also es gibt Dissoziation von schwach bis stark.
Das das, das Bewusstsein in einer Dissoziation wahrnimmt, hat nichts mit der realen Umgebung zu tun hat.

Es gibt verschiedenste Theorien dafür, wie Dissoziationen entstehen.
So gut wie allen Theorien, ist gemein, dass es ein Zusammenspiel hat von traumatischen Erlebnissen, besonders komplextraumatischen Erlebnissen ist und einem erblichen Anteil.
Allgemein geht man davon aus, dass eine Dissoziation Teil des normalen Notfallplans ist.
Also derjenige, der ein extremes Ereignis erlebt, bei dem sorgen Neurobiologie und Hormone dafür, dass er sich von den Körperempfindungen ein Stück weit loslöst.
Schmerz, den man in dieser Situation empfindet, wird erst später wahrgenommen. Schmerzen, Angst oder andere Empfindungen kommen beim Betroffenen nicht an.

Weiterhin gehen viele Theorien davon aus, dass gerade bei komplexen Traumatisierungen dieses Empfinden so häufig ist, dass es sich loslöst von dem traumatischen Ereignis, dass es überspringt auf andere Ereignisse oder Wahrnehmung. Im Prinzip ist es eine Verselbstständigung des Notfallsystems.
Ein Beispiel wäre, ein Kind, dass in der Dissoziation nicht mehr sprechen kann. Häufig wird das Sprechen erst immer langsamer, über sehr rudimentärer Sprache, bis hin zu gar nicht mehr sprechen können. Hinzu kann es im selben Fall sogar zum Einfrieren des gesamten Körpers kommen, zu der Unfähigkeit, sich zu bewegen. Ein Beispiel für eine tiefe Dissoziation.
Oft zu beobachten ist, dass so etwas wie Schmerz abgeschaltet wird, also dass diese Kinder körperliche Schmerzen, auch Schmerzen durch Kälte, durch extreme Hitze oder auch Verletzungen, bzw Selbstverletzung nicht wahrnehmen.
Ein anderes Beispiel ist, dass ein Kind plötzlich wegläuft und einfach losrennt. Oder auch extremes Kampfverhalten. Also plötzlich auftretendes aggressives Verhalten.
Allen Beispielen ist im nachhinein gemein, dass eine Loslösung von Zeit, Ort oder Raum stattfindet.
Häufig ist kein Zeitempfinden vorhanden, das heißt, der Betroffene weiß nicht, was für ein Tag ist oder wie spät es ist oder wie viel Zeit vergangen ist, seitdem es zur Dissoziation gekommen ist. Auch hier existiert eine große Varianz an Wahrnehmung, aber es ist immer eine Desorientierung vorhanden.

Und all dem gemein ist, die Betroffenen nehmen dieses Verhalten wahr, als ich werde gehandelt.
Die Ansprache während einer Dissoziation wird vom Betroffenen meist nicht wahrgenommen. Betroffene beschreiben es oft, als würden sie alles nur noch wie unter Wasser wahrnehmen oder von ganz weit weg. Als ob sie in einer Eisbubble sind, eingefroren und teilweise nicht verstehen können, welche Worte zu ihnen sagt werden.
Pädagogisch ist genau diese Empfinden enorm wichtig. Weil man das Kind in dem Moment nicht für das, was es tut, verantwortlich machen kann.
Im Gegenteil, die Kinder fühlen sich häufig schuldig und schlecht, weil sie wahrnehmen, das ist ein Teil von mir, der es gemacht hat, aber ich konnte es nicht steuern.
Pädagogische Konsequenzen
Die einzigen pädagogischen Mittel, die man da hat, sind alle langfristige Mittel. Das eine ist die DIS-Unterbrechung. Es wird einen eigenen Text zu dieser Möglichkeit geben.
DIS-Unterbrechung ist etwas, was langfristig eingeübt werden muss.

Die zweite Möglichkeit ist, über das, was dort passiert ist, vorurteilsfrei zu sprechen.
Also ohne Beschämung, ohne Verurteilung. Es geht darum, wie hat das Kind oder der Betroffene dieses Situation erlebt?
In vielen Fällen kann man so etwas, wie eine Absprungmöglichkeit erarbeiten.
Also gemeinsam den Punkt finden, an dem die Dissoziation noch verhindert werden könnte. Auch hier ist häufig eine Einflussnahme von außen oft nötig,
Wie lange kann eine Diss dauern?
Von ein paar Minuten nur oder Sekunden nur bis hin zu Stunden oder Tagen sogar oder Monate.
Wichtig ist für mich als Pädagoge, dass eine Dissoziation immer belastend ist.
Und zwar deshalb, weil ich gehandelt werde und nicht selber handele.
Und Gehandeltwerden ist immer eine Belastung.
Also, wenn eine Traumadiagnose besteht, kann ich davon ausgehen, wenn es beispielsweise zu aggressiven Reaktionen kommtt und ich danach feststelle, dass der Betroffene zeitlich, örtlich oder räumlich nicht wirklich orientiert ist, dass diese Handlung in der Dissoziation stattgefunden hat.
Dissoziationen sind bildgebend im Computertomographen nachweisbar, also es ist nicht ein Wegträumen oder ähnliches, sondern es sind organische, neurobiologische Reaktionen.

Ausblick: Wichtige sehr eng verbundene Themen sind Dissoziative Identitätsstörung und Dissunterbrechung

Die Audioversion gibt es hier