Hinter jedem kindlichen Widerstand steht ein Guter Grund
Schon lange arbeite ich mit Kindern, die, wie es so schön heißt, durch das Raster gefallen sind. Die als aggressiv, lernfaul, Dauerträumer, wütend, nie da, übergriffig, falsch, … beschrieben werden. Und das sind noch die netten Beschreibungen. Seit geraumer Zeit fallen sie in der Pädagogik oft unter den Begriff: „Systemsprenger“. Ich kann diesen Begriffnicht leiden, aber er wurde durch den Film geboren und übernommen.
Das Wort Systemsprenger soll beschreiben, was „durch das Raster gefallen“ klarer ausdrücken will, so denkt man.
Wenn ich mir beide Zuschreibungen so anhöre, stellen sich mir die Nackenhaare auf und in MIR regen sich heftige Widerstände.
Beide Beschreibungen sollen auf Kinder passen, die in ihrer frühesten Kindheit mannigfaltigen traumatischen Erlebnissen ausgesetzt waren.Häusliche Gewalt durch Schläge, Abwertungen wie :du bis es nicht wert, du hast es verdient. Vernachlässigung: Essensentzug, Einsperren, nicht um sie kümmern, nicht kleiden,…. Ggf sexuelle Gewalt. Dies sind nur Beispiele, die Palette ist viel größer und diffuser.
In einer Klasse von 25 Kids sitzt 1 Kind, das diese Erfahrungen mit seinen Bindungspersonen machte oder weiter macht.
Jedes 3 Kind macht Erfahrungen mit sexuellem Übergriff.
In der stationären Kinder-und Jugendhilfe haben bis zu 95% traumatisierende Erfahrungen im Elternhaus gemacht (Gewalt psychische u/o physische u/o sexuelle).
Sieht man sich die Statistiken an, weiß man, dass die Dunkelziffern groß sind, also unsere bisherigen Aussagen nicht korrekt sind.
Trotz des jetzigen Wissens verorten wir die schützenden Verhaltensweisen, die dem Kind halfen, zu überleben, in das Kind, als kindliche Eigenschaften.
Für jeden kindlichen Widerstand, wie er auch immer aussehen mag, gibt es einen Guten Grund, den es zu verstehen gilt. Es ist unsere Aufgabe den guten Grund zu berücksichtigen, ggf ihn zu finden.
Dann erst kann es gelingen, sich mit dem Kind auf eine lange Reise zu begeben.
Es ist verletzt, traut per se keinem Erwachsenen, dazu hatte es bis jetzt auch keinen Grund. Die Krux dabei ist, dass das Kind manigfaltige destruktive Beziehungsangebote erhielt, wieso sollten unsere also tragend sein? Somit begeben wir uns also ständig auf Glatteis und jeder Druck erzeugt Gegendruck.
Und glaubt mir, im Aushalten haben diese Kids den längeren Atem. Denn begeben wir uns in das „Gefecht“, geht das Kind in seine Geschütztürme (Widerstände) und ruft alle gekränkten, verletzten Anteile als Soldaten zur Unterstützung. Die Übernehmen dann das weitere Gesehen und bestimmen den Weg.
DAS WOLLEN WIR NICHT, HIER VERLIEREN WIR UND DAS KIND BEWEISST SICH, DAS ES ERWACHSENEN NICHT VERTRAUEN KANN, DARF!